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    Sommersemester 2012
Freitagsgespräche

Vorträge, Gespräche und Workshops über individuelle und gesellschaftliche Ressourcen für gestaltendes Handeln.
   
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Freitagsgespräche
Gerhard Schuster
Jochen Abeling
   
Perspektiven für eine Neue Soziale Architektur –
Über die Freiheitsgestalt des Sozialen Organismus.

Freitag, 6. Juli 2012, 19.00-21.30 Uhr

Freitagsgespräch mit Anregungen zur Überwindung der aktuellen gesellschaftlichen Krisen; Einleitungsvortrag von Gerhard Schuster.


Zu den gegenwärtigen sozialen Krisen äußern sich viele Stimmen, die die bestehenden staatlichen Ordnungen in Frage stellen. Bemerkenswert ist, dass diese Kritik auch vehement aus konservativen Kreisen kommt: von Heiner Geißler bis zum Chefkolumnisten der FAZ, Frank Schirrmacher.

Ganz besonders zeigen sich die heutigen Verwerfungen im Finanzsystem, das seiner Aufgabe nicht mehr nachkommt. Es versorgt die Realwirtschaft nicht mehr sicher, nachhaltig und verantwortungsbewusst mit den erforderlichen Finanz­strömen (Produktionskredite). Dies wird auch von immer mehr Ökonomen erkannt, die darauf die herrschenden Wirtschaftswissenschaften hinterfragen, beispielsweise der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz, der US-Ökonom Robert J. Shiller und der Schweizer Chef des Hamburger Weltwirtschafts-Institus (HWWI) Thomas Straubhaar.

Neben diesen Stimmen gibt es viele alternative Richtungen. Hier erwähnen wir wegen ihres praktisch-tätigen Ansatzes die Regionalgeld-Initiativen. Außerdem weisen wir wegen der klaren Benennung der Geldschöpfungsproblematik auf Joseph Huber und seine Forderung hin, das Monopol zur Geldschöpfung wieder in die Hände des Staates zu legen (›Vollgeld‹). Interessant, dass Huber hierin eine eigene ›vierte Gewalt‹ sieht, die er Monetative nennt.

Im Freitagsgespräch wollen wir einem weitergehenderen Ansatz zu zeit­gemäßen Wirtschafts- und Geldgesetzen und dessen Einbindung in freiheitliche Sozial­strukturen* nachgehen, wie er im Rahmen der Free International University am Achberger Institut für Sozialforschung und Zeitgeschichte seit langem verfolgt wird. Dieser geht von einer Sicht auf die Grundstrukturen der Gesellschaft aus, wie diese von Dr. Rudolf Steiner zu Beginn des 20. Jahrhunderts als ›Drei­gliederung des Sozialen Organismus‹ beschrieben wurden.

Ergänzt werden diese Beobachtungen von Eugen Löbl – während der Zeit des Prager Frühlings Staatsbankpräsident in Bratislava –, der bereits in den 60er Jahren die sich abzeichnende vernetzte Weltwirtschaft als ›Integrales Systems‹ erkannte. Zeitgleich mit Löbl wurden vom goetheanistischen Sozialforscher Wilhelm Schmundt Schritte zur Erkenntnis des ›Urbildes des Sozialen Organismus‹ aufgezeigt und die Bedingungen genannt, wie dieser sich zu seiner ›Freiheitsgestalt‹ entwickeln kann.

Diese Ansätze wurden vom kürzlich verstorbenen politischen Philosophen Wilfried Heidt aufgegriffen und weiterentwickelt – auch in intensiver Zusammenarbeit mit Joseph Beuys. Der gemeinsam erarbeitete ›Aufruf zur Alternative‹ ist wohl das bekannteste Resultat dieser Kooperation.

Gerhard Schuster wird in seiner Einleitung einen Überblick über diese Erkenntnislinien und seinen darauf basierenden – zusammen mit Wilfried Heidt entwickelten – Forschungsstand geben und über seine öffentlichen Aktionen berichten. Diese hat er insbesondere in den letzten Jahren in enger Zusammen­arbeit mit Wilfried Heidt initiiert.

Im gemeinsamen Gespräch soll es um die Frage gehen, wie diese Forschungs­ergebnisse erfasst, in die gesellschaftliche Diskussion getragen und dann zu gesellschaftlicher Wirksamkeit gebracht werden können.

Hierbei wird eine der Grundfragen der Free International University berührt: Wie müssen wir den Sozialen Organismus gestalten, damit jeder Mensch zum Mitgestalter an der Sozialen Plastik und damit zum Künstler werden kann (Joseph Beuys) – um dieses ›vollkommenste aller Kunstwerke: den Bau einer wahren politischen Freiheit‹ (Friedrich Schiller) zu errichten, als eine Neue Soziale Architektur.


*) Hierzu gehört essentiell die Erweiterung der parlamentarischen Demokratie mit der direkten Demokratie durch ›dreistufige Volksgesetzgebung mit Medienbedingung‹.
  Gerhard Schuster, WIEGE Wiener Institut für europäische Gesellschafts-Entwicklung
Gerhard Schuster


Jochen Abeling, A3W/FIU
Jochen Abeling
[Foto: Angélique Hinn]
               
        Gerhard Schuster, Leiter des Wiener Institut für Europäische Gesellschafts-Entwicklung (WIEGE) und seit 15 Jahren auch Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung und Zeit­geschichte in Achberg (früher: Institut für Sozialforschung und Entwicklungslehre an der Free International University), hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit der Frage nach dem ›Urbild‹ des Sozialen Organismus und dessen Entwicklung in den vergangenen 100 Jahren befasst. Aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen hat Gerhard Schuster viele politische Initiativen initiiert und ist z. B. auch Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft Neue Soziale Architektur und der IG Eurovision.

Jochen Abeling ist Mitarbeiter der ›Freien Kunstschule Hamburg – eine Arbeitsstätte der Free International University e. V.‹ und der ›Stiftung Media‹ sowie Kuratoriumsmitglied der ›FCE Fundatia pentru Cultura si Ecologie‹ in Mediaş, Transsilvanien. Die Stiftung Media ist die Rechtsnachfolgerin der Aktion Dritter Weg (A3W), die Heidt und Beuys in ihrem ›Aufruf zur Alternative‹ beschrieben haben.
   
               
        Nachtrag:

Gerhard Schuster gab eine Einführung in die Ideenwelt einer Neuen Sozialen Sozialen Architektur und entwickelte anschaulich, wie sich die Gliederung der gesellschaftlichen Bereiche 1. vom ägyptischen Gott-Pharao über 2. die Dualität Gott/Kaiser weitergliederte bis seit der französischen Revolution der Mensch seine Individualität auch in gesellschaftlichen Fragen entdeckt hat und wir seitdem drei gesellschaftliche Felder unterscheiden. Diese korrespondieren mit den Idealen der französischen Revolution: Freiheit in geistigen Fragen, Gleicheit in demokratischen, menschlichen Fragen und Brüderlichkeit in wirtschaftlichen Fragen – hier in diesem letzten Bereich könnten wir auch von Sozialismus sprechen.

Jetzt hat sich aber das soziale Leben in den vergangenen 2 Jahrzehnten so weiterentwickelt, dass sich das Geld aus diesen Bereichen als wiederum eigener Funktionsbereich herausentwickelt hat. Zudem kommt es zu einer immer weiter gehenden Vernetzung aller Funktionsbereiche und das weltweit. Hier gibt Gerhard Schuster – wie mit seinem Lehrer Wilfried Heidt entwickelt – es dann auf, weiterhin von gesellschaftlichen Gliederungen zu sprechen, sondern nennt es eine ›Neue Soziale Architektur‹.

Am Rande der Veranstaltung kam es zu diversen Gesprächen darüber, wie die Arbeiten des Achberger Institus für Sozialforschung und Entwicklungslehre weitergeführt werden können und ob und wie dies vom Wiener Institut für Europäische Gesellschafts-Entwicklung, von der Stiftung Media, vom Seminar Sozialer Organismus und eventuell weiteren Forschungsstätten der Free International University weitergetragen werden kann.

Im ganz kleinen internen Kreis haben wir diese Fragen später – ganz in der Ruhe der Halbinsel Eiderstedt und ohne dort in Alltagsfragen eingebunden zu werden – weiter verfolgt. In der entspannten Atmosphäre des Ferienhauses hat der Nordsee-Wind mitgeholfen, die Köpfe frei zu halten. So kamen wir zu vielen Ideen – die Zukunft wird zeigen, für welche davon wir die Kraft haben werden, sie weiterzuverfolgen.
   
               
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